Nach Brahms-Wochenende: Festspielhaus Baden-Baden schließt bis Ende 2020
- Donnerstag, 29. Oktober 2020 14:19
- Von Christine Gehringer
(red.) Nach dem gestrigen Beschluss, sämtliche Kultureinrichtungen in Deutschland erneut zu schließen, wurde bekannt: Das Festspielhaus Baden-Baden setzt nicht nur das November-Programm aus, sondern schließt seine Pforten nach Allerheiligen bis zum Ende des Jahres. Eine Wiederaufnahme des Spielbetriebs ist erst für 2021 geplant – und zwar zunächst mit Festival-Wochenenden. Die Osterfestspiele mit den Berliner Philharmonikern sind dann als „Rückkehr auf die Weltbühne“ vorgesehen.
Intendant Benedikt Stampa äußert sich dazu in einer Mitteilung: „Die Schließung der deutschen Opern- und Konzerthäuser im November 2020 zwingt uns leider zu einer längeren Pause. Es ist völlig unklar, wie die Situation im Dezember sein wird und wie schnell wir wieder ein festspielwürdiges Programm ermöglichen könnten. Daher möchten wir dem Publikum und den Künstlern weitere hektische Um- und Neuplanungen in diesem Jahr ersparen.“
Zwei zentrale Projekte bis zum Ende des Jahres wären das Gastspiel des Mariinsky Balletts aus St. Petersburg sowie die Residenz der Münchner Philharmoniker Anfang Dezember gewesen. Ohnehin waren die weihnachtlichen Ballett-Tage aufgrund der Reisebeschränkungen und Quarantäne-Auflagen nicht planbar. Der zeitliche Vorlauf für die Konzerte der Münchner Philharmoniker wäre in der unwägbaren Situation außerdem zu knapp, teilt das Haus mit: „Ein vierwöchiger Lockdown erfordert im Anschluss eine mindestens so lange Wiedervorbereitung.“
Ab sofort informiert das Festspielhaus seine Besucherinnen und Besucher über die Möglichkeiten, bereits gekaufte Eintrittskarten für November und Dezember in Gutscheine und Spenden umzuwandeln. Auch die Rückerstattung des Eintrittspreises ist möglich.
„Es ist der zweite, ganz bittere Moment in diesem Jahr,“ sagt Benedikt Stampa. „Wir hatten einen wunderbaren Saisonstart mit John Neumeier und dem Hamburg Ballett, mit Sol Gabetta und den Bamberger Symphonikern und freuen uns jetzt auch auf das Brahms-Wochenende mit Thomas Hengelbrock und den Balthasar-Neumann-Ensembles, das uns Kraft geben kann für die kommende Zeit. Unser Hygiene-Konzept, an dem lange gearbeitet worden war, ging auf. Jetzt zu schließen, ist ein weiterer Schlag – künstlerisch wie wirtschaftlich.“
Vom morgigen Freitag an bis Allerheiligen versprechen die Aufführungen des Deutschen Requiems, der dritten Sinfonie von Johannes Brahms, dazu Arien von Johann Strauß noch einmal ein intensives Konzerterlebnis vor der Pause. Die Konzerte am 31.10. (16 Uhr und 20 Uhr) sind auch in Live-Stream bei ARTE CONCERT zu sehen.
Zerfallserscheinungen - und ein weiser Blick von oben
- Donnerstag, 29. Oktober 2020 12:08
- Von Christine Gehringer
Zum Sinfoniekonzert der Staatskapelle mit Georg Fritzsch und Gerhard Oppitz
Es scheint zur schönen Tradition zu werden, dass GMD Georg Fritzsch die Sinfoniekonzerte der Staatskapelle moderiert – was in diesem Falle mehr ist als nur eine Überbrückung der Umbaupause. Das jüngste Konzert, seit Sonntag war es viermal zu hören, stand noch im Zeichen des Festivals „ZeitGenuss“. Zugleich verwies es auf den „Marathon“ mit Gerhard Oppitz und Beethovens Klavierkonzerten am kommenden Wochenende (der noch vor dem neuerlichen Lockdown über die Bühne geht). Wolfgang Rihms „Gejagte Form“, das der Komponist vor mehr als zwei Jahrzehnten schrieb und danach überarbeitet hat, eröffnete den Abend, und eine Warnung gab es von Georg Fritzsch gleich vorweg: „Wolfgang Rihm legt hier geistige Zündschnüre ...“
Hinein genommen in das menschliche Drama
- Dienstag, 27. Oktober 2020 15:21
- Von Christine Gehringer
Großartige Aufführung von Mahlers Rückert-Liedern: Elisabeth Kulman, Michael Sanderling und die Deutsche Radio Philharmonie im Konzerthaus Karlsruhe
Es gehört zum Konzept der „Karlsruher Meisterkonzerte“, jede Aufführung unter ein gewisses Motto zu stellen. Das wirkt bisweilen etwas bemüht, aber der Titel des jüngsten Konzerts - „Tief berührt“ - hätte kaum passender sein können: Die wunderbare Mezzosopranistin Elisabeth Kulman, dazu die Deutsche Radio Philharmonie unter Michael Sanderling schufen eine derart zerbrechliche, poetische Atmosphäre im Konzerthaus, dass man schon Sorge hatte, man könnte dies allein durch Berühren des Programmheftes zerstören. Diese Stille – gerade auch im Publikum - erlebt man selten, und das lag nicht nur an den Masken.
Beethoven und der Humor
- Montag, 26. Oktober 2020 10:54
- Von Christine Gehringer
Zum kürzlichen Vortrag mit Hartmut Becker und Joachim Draheim im Kaffeehaus Schmidt
Regelmäßig laden die beiden Musikwissenschaftler Joachim Draheim (Foto) und Hartmut Becker zu musikalischen Vorträgen ins Kaffeehaus Schmidt in Karlsruhe. (Foto: Gehringer/ Archiv)
Wer an Beethoven denke, der sehe meist nur „den tauben Titan, der ständig dem Schicksal in den Rachen greift“, bemerkte der Karlsruher Musikwissenschaftler Joachim Draheim im Rahmen eines Vortrags im Kaffeehaus Schmidt. Diese derzeitigen Vorträge über Ludwig van Beethoven zählen zu einer Serie, die sich unter dem Titel „Kultur im Café – Musikgeschichte(n)“ vornehmlich den Jubilaren eines jeweiligen Musikjahres, aber auch der Karlsruher Musikgeschichte widmet. Dabei wird grundsätzlich auch der eine oder andere Mythos entlarvt.
Joachim Draheim und sein Kollege Hartmut Becker rückten jetzt eine ungewohnte Seite des Komponisten ins Blickfeld, nämlich den „heiteren Beethoven: Beethoven und das Volkslied". Dabei zeigte sich, dass man beispielsweise auch die Sinfonie Nr. 8 ein wenig anders hören muss, als man das vermutlich gewohnt ist.
Zeitgenössische Musik trotzt Corona
- Samstag, 24. Oktober 2020 11:31
- Von Christine Gehringer
Eröffnung des Festivals "ZeitGenuss" in der Christuskirche: Kammermusik und Orgelwerke von Wolfgang Rihm
Festival ZeitGenuss: Ein Blechbläserensemble (u.a. mit Reinhold Friedrich, Trompete) spielt Musik von Wolfgang Rihm in der Karlsruher Christuskirche. (Foto: Gehringer)
Recht groß war das Interesse beim Eröffnungskonzert des Festivals „ZeitGenuss“ in der Christuskirche; so groß jedenfalls, dass die Corona-Sonderverordnung galt, welche Kultur-Veranstaltungen über 100 Teilnehmer regelt. Dementsprechend herrschte Maskenpflicht während des gesamten Konzerts – ein Umstand, an den man sich erst gewöhnen muss.
„Dem C-Wort zum Trotz“ könne das Festival jedoch glücklicherweise statt finden, bemerkte Kulturamtsleiterin Susanne Asche fast kämpferisch. Auch Hartmut Höll, Rektor der Karlsruher Musikhochschule (die mit der Stadt Karlsruhe maßgeblich für das Festival verantwortlich ist), zeigte sich erfreut darüber, dass „wir endlich wieder lebendige Musik erleben dürfen“. Im Mittelpunkt dieser seit 2013 bestehenden zeitgenössischen Musiktage steht diesmal der Karlsruher Komponist Wolfgang Rihm, der das Festival selbst kuratierte. (Hinweis: Das Abschlusskonzert am Sonntag, den 25.10., 18 Uhr ist auch per Live-Stream auf www.idagio.com) zu sehen.
Beethoven als Liedkomponist
- Mittwoch, 21. Oktober 2020 18:08
- Von Christine Gehringer
Schubertiade Ettlingen: Das Duo Hans Christoph Begemann und Thomas Seyboldt begeistern beim Liederabend im Asamsaal
Liedkunst vom Feinsten: Der Pianist Thomas Seyboldt und der Bariton Hans Christoph Begemann (Foto: Gehringer)
Wer in diesen Tagen Konzertbesuchern und Musikern begegnet, der bemerkt vor allem eines: Freude und Dankbarkeit darüber, dass wieder gespielt wird, und so kann man nur hoffen, dass dies trotz steigender Infektionszahlen auch erst einmal so bleibt.
Eine solche Freude bereitete auch die Ettlinger Schubertiade ihren Gästen: Das bewährte Duo mit dem Bariton Hans Christoph Begemann und dem Pianisten Thomas Seyboldt zeigte, dass auch in einem relativ kurzen Rahmen (dafür aber zweimal) ein stimmungsvoller Liederabend gelingen kann. Das Hauptwerk dieses Abends: Beethovens Zyklus „An die ferne Geliebte“. Das Konzert war zugleich auch eine Präsentation der neuen CD des Liedduos zum Beethoven-Jahr.
Karlsruher Meisterkonzert findet statt/ Bei Kulturveranstaltungen weiterhin bis zu 500 Besucher möglich
- Mittwoch, 21. Oktober 2020 12:27
- Von Christine Gehringer
Zu einer größeren Verunsicherung hat dem Vernehmen nach – und zwar sowohl unter Veranstaltern als auch unter Besuchern - die neue Corona-Verordnung des Landes gesorgt, die nur noch maximal 100 Teilnehmer pro Veranstaltung vorsieht.
Ausgenommen sind laut der „Corona-Verordnung Studienbetrieb und Kunst“ jedoch alle Kultur-Veranstaltungen, bei denen feste Sitzplätze vergeben werden und die einem „im Vorhinein festgelegten Programm folgen“. Hier ist weiterhin ein Spielbetrieb mit bis zu 500 Besuchern möglich, sofern ein mit dem Gesundheitsamt abgestimmtes Hygienekonzept vorliegt.
Allerdings muss nun auch im Publikumsbereich, also während der Aufführung, ein Mund-Nasen-Schutz getragen werden.
Betroffen von dieser Regelung sind in der Region vor allem das Festspielhaus Baden-Baden und das Staatstheater, die ihren Spielbetrieb wie geplant fortsetzen können, aber auch beispielsweise die Reihe der „Karlsruher Meisterkonzerte“ im Konzerthaus Karlsruhe.
Das Konzert mit der Mezzosopranistin Elisabeth Kulman und der Deutschen Radio Philharmonie unter Michael Sanderling am Samstag, den 24. Oktober kann also stattfinden. Auf dem Programm stehen Werke von Lutoslawski, Mahler und Bruckner, Beginn ist 18 Uhr und 20.30 Uhr.
Der "Pontevedrexit" kann verhindert werden
- Montag, 19. Oktober 2020 19:08
- Von Christine Gehringer
Operetten-Vergnügen in Corona-Zeiten: Lehárs "Lustige Witwe" am Staatstheater Karlsruhe
Opulenz und Klangerotik, so weit wie möglich: Auch die Salonfassung der "Lustigen Witwe" bietet Operettengenuss. (Foto: Falk von Traubenberg)
Es ist vermutlich das Beste, was unter den derzeitigen Umständen machbar ist: Die Salonfassung von Lehárs „Lustiger Witwe“, jetzt am Staatstheater Karlsruhe zu sehen, ähnelt einer Operettenrevue mit dem alten Botschaftsmitarbeiter Njegus als Conferencier. Er hält die Fäden zusammen und erzählt die Geschichte als Rückblende: In einem solchen Format ist es denn auch möglich zu vermitteln, was momentan nicht gezeigt werden kann.
Regisseur Axel Köhler schuf eine 90minütige „coronataugliche“ Fassung, in der die Ohrwurmklassiker erhalten blieben, und die Staatskapelle mit GMD Georg Fritzsch am Pult verhilft Lehárs Musik auch als Salon-Orchester zu einem ganz eigenen Charme.
Bewegendes Freiheits-Zeugnis
- Sonntag, 18. Oktober 2020 11:07
- Von Christine Gehringer
Zum kürzlichen Konzert des Karlsruher Barockorchesters mit Beethovens Schauspielmusik zu "Egmont"
Das Karlsruher Barockorchester unter der Leitung von Christoph Siebert im Konzertshaus Karlsruhe. Die Sopranistin Larissa Wäspy übernahm die Rolle der Clara in "Egmont". (Foto: Gehringer)
„Beethoven besaß Rückgrat, er ließ sich in keinster Weise korrumpieren – das sollte uns Vorbild sein!“, gab der Musikwissenschaftler Hartmut Becker den Hörern bei der Einführung im Konzerthaus Karlsruhe auf dem Weg; ebenso die Mahnung: „Wenn man die politische Dimension bei Beethoven nicht erkennt, dann gleitet die Musik an einem ab.“ Dafür, dass die Musik mitnichten „abglitt“, sondern im Gegenteil sehr berührte, bisweilen auch aufrüttelte – dafür sorgte das Karlsruher Barockorchester unter Christoph Siebert mit der Sinfonie Nr. 3 („Eroica“), vor allem aber mit einem Stück von großem Seltenheitswert: der vollständigen Schauspielmusik zu Goethes „Egmont“ .
Schwarzwald-Musikfestival mit drei Konzerten im November
- Freitag, 16. Oktober 2020 14:50
- Von Christine Gehringer
(red.) Für das abgesagte Schwarzwald Musikfestival im Mai 2020 gibt es ein kleines Herbst-Festival als Ersatz – mit drei Konzerten in den Städten Baiersbronn, Freudenstadt und Oberndorf am Neckar.
Das erste Konzert am Samstag, den 7. November 2020 um 20 Uhr in der Schwarzwaldhalle in Baiersbronn gestaltet der Pianist Martin Schmitt mit Boogie-Woogie, Blues und Jazz. Am Montag, den 9. November, ebenfalls um 20 Uhr, dürfen sich die Besucher auf ein Programm mit dem Pianisten Alexej Gorlatch im Theater im Kurhaus Freudenstadt freuen. Er spielt Werke von Beethoven und Chopin. Unter dem Motto „Chanson d´amour“ steht das Abschlusskonzert am Mittwoch, den 11. November: Um 20 Uhr, in der ehemaligen Augustiner-Klosterkirche in Oberndorf, besingen die Sopranistin Natalie Karl und der Tenor Matthias Klink (Opernsänger des Jahres 2017) die Liebe in all ihren Facetten; am Klavier begleitet Frédéric Sommer. (Weitere Informationen unter www.schwarzwald-musikfestival.de)