Kritik
Wiener Melange für Genießer
| Christine Gehringer | Kritik
Hofkonzert und Hoffest an der Evangelischen Stadtkirche Karlsruhe: "Wien bleibt Wien"
Wiener Charme und ungarische Würze gab es beim Hofkonzert der Evangelischen Stadtkirche Karlsruhe. Für beste Unterhaltung sorgte unter anderem der Bachchor unter Christian-Markus Raiser. (Foto: Gehringer)
Das Hofkonzert an der Evangelischen Stadtkirche in Karlsruhe ist meistens der Kultur eines bestimmten Landes gewidmet. Und wer diese Konzerte regelmäßig besucht, der weiß: Die sommerliche Serenade im Innenhof der Kirche bietet anspruchsvolle Chormusik in Verbindung mit launig-beschwingter Abendunterhaltung. Nicht zuletzt ist das auch den Conferencen von Hartmut Becker zu verdanken, der den Konzerten stets eine besondere Handschrift gibt.
In diesem Jahr widmeten sich Christian-Markus Raiser und der Bachchor, dazu das Kammerorchester „Camerata2000“ den Klängen aus der Musikstadt Wien. Eine perfekte Melange aus luftiger Mehlspeise und ungarischer Würze.
Feine Kunst und beste Unterhaltung
| Christine Gehringer | Kritik
Die Gebrüder Gerassimez beendeten die Saison der "Bruchsaler Schlosskonzerte"
Die Gebrüder Gerassimez bestritten das Saisonfinale der Bruchsaler Schlosskonzerte. (Foto: Häring/ PR)
Das letzte der Bruchsaler Schlosskonzerte ist traditionell für einen saftigen „Rausschmeißer“ reserviert: Meist für einen pikanten Mix aus Klassik und Weltmusik, oft auch ein wenig „unerhört“. Diesmal waren die Gebrüder Gerassimez aus Essen zu Gast.
Lähmende Staatsmacht
| Christine Gehringer | Kritik
Zur Oper "Anna Bolena" am Staatstheater Karlsruhe
Donizettis "Anna Bolena" in einer Inszenierung von Irina Brown am Staatstheater Karlsruhe. (Foto: Falk von Traubenberg/ Szene mit Shelley Jackson als Anna Bolena)
Endlich einmal wieder eine empfehlenswerte Produktion: Gaetano Donizettis Tudor-Oper „Anna Bolena“, derzeit am Staatstheater in Karlsruhe zu sehen, liefert ein packendes und optisch ansprechendes Bühnendrama. Auch wenn die Regie von Irina Brown einige Fragen offen lässt.
Klangschöne Raritäten
| Christine Gehringer | Kritik
Zum Sibelius-Abend mit Michael Tilson Thomas, dem London Symphony Orchestra und dem Geiger Ray Chen in Baden-Baden
Sibelius im Festspielhaus Baden-Baden: Der Geiger Ray Chen, dazu das London Symphony Orchestra unter Michael Tilson Thomas. (Foto: Michael Gregonowits)
Jean Sibelius? Hierzulande ist er leider immer noch unterrepräsentiert – trotz „Valse triste“ und „Finnlandia“, und obwohl sein Violinkonzert längst zum Standard in der Geigenliteratur gehört. Doch der finnische Komponist, angesiedelt in der spannenden Epoche zwischen Spätromantik und Moderne, wird traditionell vor allem in den USA und in Großbritannien gepflegt.
Deshalb war es ein Glück, dass jetzt ein ganzer Sibelius-Abend bei den Pfingstfestspielen in Baden-Baden zu hören war: Mit dem amerikanischen Dirigenten Michael Tilson Thomas und dem London Symphony Orchestra, dazu mit dem australischen Geiger Ray Chen (für die erkrankte Janine Jansen).
Vokale Kunst mit allen Raffinessen
| Christine Gehringer | Kritik
Schwarzwald Musikfestival: Jazzchor Freiburg gastierte in Ettlingen
Vokalmuskík hat Tradition beim Schwarzwald Musikfestival: Zu Gast im Ettlinger Schloss war diesmal der Jazzchor Freiburg. (Foto: Gehringer)
Gerade ging das Schwarzwald Musikfestival zu Ende, was seit einigen Jahren bis an die nordwestlichen Ausläufer reicht – nämlich bis nach Ettlingen. Dort, im Asamsaal des Schlosses, treten regelmäßig Vokal-Ensembles auf, die man stilistisch nicht auf ein Genre festlegen kann: Die Singphoniker zum Beispiel oder Singer Pur, nun der Jazzchor Freiburg.
Das passt zur Philosophie und zur „Musikfarbe“ des Festivals, wo man ARD-Preisträger neben Musik-Kabarettisten im Programm findet. So erklärte auch der künstlerische Leiter Markt Mast, das Schwarzwald Musikfestival sei im Grunde ein „ganzheitliches musikalisches Universum“, ein großes „Integrationsprojekt“.
Zwischen Himmelfahrt und Pfingsten: Messiaens großes Glaubenszeugnis
| Christine Gehringer | Kritik
Zur Gesamtaufführung der Orgelzyklen in der Christuskirche Karlsruhe
Messiaen als Gesamtaufführung: Carsten Wiebusch, der ehemalige Kantor der Christuskirche, spielte zum Pfingstfest sämtliche Orgelzyklen. (Foto: Christuskirche Karlsruhe)
Man kann es gar nicht hoch genug einschätzen: Vor kurzem waren an der Christuskirche in Karlsruhe die gesamten Orgelzyklen von Olivier Messiaen zu erleben – einem Komponisten, den man ohnehin nicht allzu oft hört, zumindest nicht in dieser Fülle. Zu verdanken ist das dem ehemaligen Kantor Carsten Wiebusch, der auch nach seinem Ruf nach Frankfurt den Karlsruhern als Organist erhalten bleibt. Diese Werke – reich an Klangfarben und zum Teil auch an exotischen Rhythmen – geben einen tiefen Einblick in die Spiritualität des Komponisten. Ein echtes, tönendes Glaubenszeugnis.
Schwermut und Grazie
| Christine Gehringer | Kritik
Olga Peretyatko-Mariotti und die Bamberger Symphoniker mit Musik aus Russland in Baden-Baden
(Foto: Michael Gregonowits)
Die Zugabe, der Ungarische Tanz Nr. 21 von Johannes Brahms, ist vielleicht symbolisch für den ganzen Abend. Kein robustes Aufstampfen auf den betonten Taktzeiten, wie man das häufig hört; vielmehr geschieht das alles eher beiläufig. Dafür liegt über dem gesamten Stück ein einziger Schwung von Anmut. Die Bamberger Symphoniker, die an diesem Abend im Festspielhaus Baden-Baden keinesfalls nur die Begleiterrolle übernehmen, begeistern mit ihrer Feinnervigkeit, ihrer Geschmeidigkeit und Klangpracht. Dazu kommt die Sopranistin Olga Peretyatko-Mariotti, die sich ganz dem Repertoire ihrer russischen Heimat widmet - was hierzulande selten zu hören ist.
Tiefer Zorn und große Seufzer
| Christine Gehringer | Kritik
Abschluss der "Ettlinger Schubertiade" mit Kammermusik
Kammermusik bei der Ettlinger Schubertiade: Mit Thomas Seyboldt musizierten Adelina Oprean und Conradin Brotbek. (Foto: Gehringer)
Mit Musik für Klaviertrio ging die Jubiläums-Saison der „Ettlinger Schubertiade“ zu Ende – ungewohnt in einer Konzertreihe, die sich normalerweise dem Kunstlied verschreibt. Aber wer sich eine ganze Saison lang fast ausschließlich mit Franz Schubert beschäftigt, der kommt eigentlich gar nicht umhin, auch seine Kammermusik ins Programm zu nehmen – gehört sie doch ebenfalls zu den Meisterwerken der Musikgeschichte. Und abgesehen davon versteckt sich in Schuberts Es-Dur-Trio (D (929) ein schwedisches Volkslied.
Zu Gast im Ettlinger Schloss waren diesmal Adelina Oprean (Violine) und Conradin Brotbek (Violoncello) – beide sind Mitglieder des ARIA Quartetts aus der Schweiz. Und zum Auftakt gab es viel Aufwühlendes und Erschütterndes.