Kritik
Zeitgenössische Musik ist auch Unterhaltungskunst
| Christine Gehringer | Kritik
Alumni-Konzert mit Johanna Vargas an der Musikhochschule Karlsruhe
Vokalkünstlerin in sämtlichen Stilrichtungen: Johanna Vargas widmet sich der zeitgenössischen Musik; hier beim Alumni-Konzert an der Musikhochschule Karlsruhe. (Foto: Gehringer)
Die Namen der Komponisten mag so manchen vielleicht ein wenig abgeschreckt haben: Reimann, Berio, Nono, Ligeti. Doch die Sopranistin Johanna Vargas, ehemalige Studentin der Karlsruher Musikhochschule und vielen Konzertbesuchern in ganz anderer Rolle bekannt – nämlich als Frontsängerin der Salsa-Band „Los Pantolores“ - kehrte nun zurück an ihre einstige Ausbildungsstätte. Ihr gut einstündiger Liederabend war eine geschlossene Bühnen-Performance: ein kunstvoll durchinszeniertes Programm, das sie gemeinsam mit ihrer Klavierpartnerin Magdalena Cerezo konzipiert hatte.

Mit dramatischer Wucht
| Christine Gehringer | Kritik
Selten zu hören: Frank Martins Passion "Golgotha"/ eindrucksvolle Aufführung in der Evangelischen Stadtkirche Karlsruhe
(Foto: Gehringer)
Eine Radierung von Rembrandt - „Die drei Kreuze“ - inspirierte einst Frank Martin zu seiner Passion „Golgotha“. Der Schweizer Komponist, der 1890 als Sohn eines Pfarrers geboren und auch von der Musik Johann Sebastian Bachs geprägt wurde, war außerordentlich beeindruckt von den Hell-Dunkel-Kontrasten in diesem Bild. Ähnliches findet man auch in Martins Musik: In „Golgotha“ richtet sich sozusagen der gesamte Lichtkegel auf die Perso Jesu, und die Kontraste ergeben sich zudem in den düster-dramatischen Bildern mit den schwebend-meditativen Passagen, die zwischendurch immer wieder aufleuchten.
Selten ist das Werk im Konzertbetrieb zu hören; in Karlsruhe konnte man es jetzt innerhalb weniger Jahre zum zweiten Mal erleben: Diesmal an der Evangelischen Stadtkirche, mit dem BachChor und der Camerata2000 unter der Leitung von Kirchenmusikdirektor Christian-Markus Raiser.
Wie eine große Musikerfamilie
| Christine Gehringer | Kritik
Musikfest bei den Osterfestspielen: Berliner Philharmoniker in kleinen Besetzungen, dann begeistert das Bundesjugendorchester.
Das Bundesjugendorchester unter Simon Rattle bei den Osterfestspielen im Festspielhaus Baden-Baden. (Foto: Andrea Kremper)
Es war eine besonders familiäre, warmherzige Atmosphäre beim Musikfest in Baden-Baden. Traditionell wird es vom Bundesjugendorchester gestaltet, und dass Simon Rattle auch die Arbeit mit dem künstlerischen Nachwuchs sehr am Herzen liegt, ist nicht zu übersehen: „Ich liebe dieses Orchester - das ist unsere Zukunft, und ich glaube, die ist nicht allzu schlecht“, witzelte er.
Die Begeisterung ist offenbar gegenseitig – und deshalb wurde Rattle, der im Laufe der Jahre mit insgesamt etwa 500 hochtalentierten jungen Orchester-Musikern gearbeitet hatte, im Rahmen dieses Konzerts zum ersten Ehrendirigenten des Bundesjugendorchesters ernannt.
Auch die Mitglieder der Berliner Philharmoniker rückten nochmals in kleineren Besetzungen in den Fokus: Das fabelhafte Bläser-Ensemble etwa, dazu die Berliner Barock Solisten.
Schwungvolle Komödie
| Christine Gehringer | Kritik
Osterfestspiele Baden-Baden: Bei Mozarts "Gärtnerin aus Liebe" punkten die jungen Talente
Osterfestspiele Baden-Baden: Bei Mozarts "La finta giaridiera" kommen die jungen Talente zu Wort. (Foto: Jochen Klenk)
Es ist eine Art minimalistisches Gegenstück zum „Parsifal“: eine völlig entrümpelte Bühne in einem kargen Weiß, das förmlich dazu zwingt, die Leere mit rasantem Spiel auszufüllen. Und in der Tat: Mit Mozarts „Gärtnerin aus Liebe“ haben der Regisseur Christian Carsten und der Dramaturg Martin Mutschler in Baden-Baden eine Mischung aus heiterem Volkstheater und Kammeroper geschaffen. Ein Stück, das auf allen Ebenen punktet und beste Unterhaltung bietet.
In Lauerstellung
| Christine Gehringer | Kritik
Spannendes Konzert, wachsames Ensemble: Das Trio Gaspard gastierte im Schloss Bruchsal.
Volksweisen innerhalb der Kammermusik: Damit setzte sich beim Bruchsaler Schlosskonzert das Trio Gaspard auseinander. (Foto: PR/ Irene Zandel)
Volksweisen haben die Musikliteratur im Laufe der Jahrunderte immer wieder bereichert; zu den bekanntesten Sammlern gehörte zum Beispiel Bela Bartok, der sich mit einem Phonografen eigens auf die Suche machte nach Liedern aus seiner ungarischen Heimat. Aber auch andere Komponisten griffen auf solche Weisen zurück: Joseph Haydn verarbeitete in seinem E-Dur-Trio (op 86,2) eine schottische Melodie, mit irischer Folkore setzte sich der Schweizer Frank Martin auseinander. Und Franz Schubert griff im Trio Es-Dur D 929 auf eine schwedische Weise zurück, die er bei einer Soiree kennen gelernt hatte. Insgesamt ein farbiges und spannendes Programm, das vom jungen Trio Gaspard vor kurzem im Bruchsaler Schloss vorgestellt wurde. Am 28.03. ist das Konzert im Abendprogramm bei SWR2 (20.03 Uhr) zu hören.
Anmutiger Stimmungszauber
| Christine Gehringer | Kritik
Liederabend mit Tilman Lichdi und Thomas Seyboldt im Rahmen der Ettlinger Schubertiade
Schubertiade Ettlingen: Thomas Seyboldt und der Tenor Tilman Lichdi mit Schubert-Liedern nach Texten von Johann Mayrhofer im Asamsaal. (Foto: Gehringer)
Von 1818 bis 1821 lebten Franz Schubert und sein Freund Johann Mayrhofer in Wien zusammen in einer äußert fruchtbaren „Künstler-WG“. Die Verbindung hatte allerdings schon früher begonnen. Von Mayrhofer – Dichter, Theologe und zugleich auch Revisor beim „k.uk. Bücherrevisionsamt“ - hat Schubert fast fünfzig Lieder vertont; eine Auswahl davon war kürzlich bei der Ettlinger Schubertiade mit Tilman Lichdi und Thomas Seyboldt zu hören: Wunderbare Szenen und affektive Bilder.
Klagegesang und bissige Wortgefechte
| Christine Gehringer | Kritik
Karlsruher Meisterkonzert: Mischa Maisky und das SWR Symphonieorchester spielten Dvorak und Schostakowitsch.
Ein Weltstar war in Karlsruhe zu Gast: Im ausverkauften Konzerthaus spielte der Cellist Mischa Maisky gemeinsam mit dem neu gegründeten SWR Symphonieorchester; am Pult der erst 30jährige usbekische Dirigent Aziz Shokhakimov. Eine glückhafte Verbindung.
(Foto: PR/ Mat Hennek; Deutsche Grammophon)
Der Zauber fehlte
| Christine Gehringer | Kritik
Händelfestspiele in Karlsruhe: "Alcina" konnte nicht überzeugen - ein Fazit.
Händels "Alcina" im Rahmen der Händelfestspiele am Staatstheater Karlsruhe. (Foto: Felix Grünschloß)
Die Oper „Alcina“, 1735 in London uraufgeführt, gehört sicher zu den schönsten und populärsten Werken Händels, und auch 1978, zur Eröffnung der ersten Händel-Tage in Karlsruhe, stand sie auf dem Spielplan. Szenische Reduktion und dafür Konzentration auf das psychologische Drama wollten der US-amerikanische Regisseur James Darrah und seine Ausstatterin Chrisi Karvonides-Dushenko bieten – doch das ging leider schief. Als Eindruck überwog die Langeweile.