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Umfangreich und spannend: Neues Leitungsteam des Karlsruher Staatstheaters stellt Spielplan 2024/25 vor

| Christine Gehringer | PAMINA kurz notiert

Ein „Supertanker“ der Kultur soll das Staatstheater sein, ein „Versorger der Region“ - und zwar einer, der sämtliche Bürgerschichten „verführt“. Mit diesen Worten stellte der künftige Karlsruher Intendant Christian Firmbach gemeinsam mit seinen Spartenleitern in der heutigen Pressekonferenz das Programm für die kommende Saison vor.
Als Theater „für alle“ will man Angebote für sämtliche Altersgruppen und jeden gesellschaftlichen Hintergrund bereithalten. Zugleich versteht man sich als ein Haus, das vieles neu denkt und hinterfragt: Darauf verweist auch die neue Bildmarke des Staatstheaters mit einem auf den Kopf gestellten Buchstaben. Bei der Gestaltung des gedruckten Programms – bunt, ansprechend und praktisch im Taschenformat - sei auch die Belegschaft mit eingebunden werden, sagt Christian Firmbach.

Auf die Jugend wird ein besonderer Fokus gelegt: Denn schließlich will das Publikum von morgen schon jetzt durch entsprechende Formate an das Haus gebunden sein. Deshalb sieht man das „Junge Staatstheater“ prinzipiell auch nicht als eine getrennte Sparte; vielmehr verstehen sich sämtliche Abteilungen sozusagen als „Zulieferer“, so Firmbach.

Einen solchen „Aufbruchsgeist“ verspricht auch der Spielplan für die kommende Saison – in einer interessanten Mischung aus Repertoire-Stücken und Raritäten. Mit insgesamt zehn Opern-Premieren (darunter zwei Kinder- bzw. Familienopern) und einem Musical ist er außerdem so umfangreich wie lange nicht mehr. Das ist zunächst einmal eine „Visitenkarte“ des neuen Ensembles und künftig in dieser Form nicht zu halten. Es entspringt aber vor allem auch einem Nachhaltigkeitsgedanken: Denn künftig möchte man verstärkt auch erfolgreiche Produktionen aus anderen Häusern übernehmen. Überhaupt sollten sich Intendanten hier stärker vernetzen, meint Firmbach.
Die Übernahmen haben jedoch auch ganz pragmatische Gründe - denn im Zuge der Sanierungsarbeiten steht eine längere Phase an, in der die Kostümschneiderei nicht genutzt werden kann. Daneben gibt es jedoch auch sieben Wiederaufnahmen.

Gleich der Beginn der Opernspielzeit setzt ein Ausrufezeichen mit „The Wreckers“ von Ethel Smyth (29.9.), einer britischen Komponistin und Frauenrechtlerin, die seit einigen Jahren auch hierzulande wieder entdeckt wird. Bei dieser Produktion handelt es ist um die deutsche Erstinszenierung der englischsprachigen (autorisierten) Fassung; der renommierte Regisseur Keith Warner inszeniert darin die Geschichte eines jungen Paares, das sich einer ausbeuterischen, bigotten Dorfgemeinschaft widersetzt.
Aus Oldenburg übernimmt das neue Team zwei Werke: Donizettis „Don Pasquale“ (27.10.) in der Inszenierung von Christoph von Bernuth - und die beiden Verismo-Opern „Cavalleria Rusticana/ Pagliacci“ von Pietro Mascagni und Ruggero Leoncavallo in der Regie von Dietrich Hilsdorf (27.10.). Humorvoll wird der Jahreswechsel mit der Neuinszenierung der „Fledermaus“ von Johann Strauß (7.12.). Vor zehn Jahren war diese Operette - in einer umstrittenen Inszenierung - letztmals in Karlsruhe zu sehen.
Mit der 1786 uraufgeführten und lange vergessenen „Phèdre“ (25.1. 2025) folgt eine weitere deutsche Erstaufführung: Dies ist eine „Tragédie lyrique“ des weitgehend unbekannten Jean-Baptiste Lemoyne. Hier stellen sich der neue Operndirektor Christoph von Bernuth und Stephanie Twiehaus (Leitende Dramaturgin Musiktheater und Konzert) in ihrer ersten Karlsruher Zusammenarbeit vor. Am Pult steht der Barockspezialist Attilio Cremonesi, der dem Karlsruher Publikum bereits von den Händel-Festspielen her vertraut ist. Cremonesi ist dem Staatstheater auch künftig als „Conductor in Residence“ verbunden.
Die Zauberoper „Rinaldo“ (21.2.) wird die Hauptproduktion der kommenden Händel-Festspiele, und mit Richard Strauss‘ Komödie „Der Rosenkavalier“ (in einer Inszenierung von Andreas Homoki) kommt ab dem 30.3. ein Klassiker auf die Bühne - unter der musikalischen Leitung des Strauss-Spezialisten Georg Fritzsch. Die deutsch-englische Regisseurin Olivia Fuchs erzählt mit Peter Tschaikowskis „Eugen Onegin“ (24.5.) die Geschichte einer verpassten Liebe, und mit Frank Wildhorns Erfolgsmsusical „Jekyll & Hyde“ (12.7.) endet die Spielzeit in dieser Sparte.

Für das junge Publikum bringt das Opernteam eine eigene Kreation mit: das Opernpasticcio „Orpheus und die Zauberharfe“(21.3.), ebenfalls von Twiehaus/Bernuth. Humorvoll, mit Musik aus Barock und Klassik, sollen die Jugendlichen hier an den Orpheus-Mythos herangeführt werden.
Als Familienoper wird die zeitkritische Jugendoper „Itch“ (4.5.) von Jonathan Doves ihre deutsche Erstaufführung erleben. In der Regie von Kevin Barz, Leiter des neuen Digitaltheaters, soll diese Produktion die Reihe „Zukunft Oper“ begründen.

Mit einem „Tanzkraftwerk“ (6.10.) startet das Staatsballett in die neue Spielzeit. Das Format soll Lust auf das neue Ballettensemble machen: locker moderiert, in ungezwungener Atmosphäre, mit Live-Interviews und Videos, die exklusive Einblicke in den Arbeitsalltag geben. Vertieft werden soll der Austausch mit dem Publikum zudem beim regelmäßigen Ballett-Talk „Tanz à la carte“ und mit offenen Trainings und Workshops unter dem Motto „Einfach tanzen“!
Als Eröffnungspremiere steht ein dreiteiliger Ballettabend („Leuchtfeuer“/16.11.) auf dem Programm – dieser reicht von der Uraufführung eines Handlungsballetts bis hin zu einem Klassiker der Moderne. Der künftige Ballettchef Raimondo Rebeck stellt sich als Choreograf mit „A Journey of a Memory“ vor, einer persönlichen Auseinandersetzung mit Abschied und Verlust. Die neue Hauschoreografin Kristina Paulin erarbeitet eine Uraufführung nach Kafkas Romanfragment „Das Schloss“, und mit „Cantata“ ist zum ersten Mal in Karlsruhe eine Arbeit des italienischen Choreografen Mauro Bigonzetti zu sehen.
Ein großer Klassiker der Tanzgeschichte ist „Romeo und Julia“ (26. April) - in einer Deutung durch den französischen Choreografen Jean-Christophe Maillot. „Made in KA – Junge Choreografien aus Karlsruhe“ heißt ein Ballettabend mit Uraufführungen, die den eigenen choreografischen Nachwuchs präsentieren. Eine "Tanz-Fest-Woche" setzt die Tradition des Festivals „Aufgefächert“ und der „Karlsruher Ballettwoche“ fort. Auch die beliebten Produktionen „Das Mädchen & Der Nussknacker“ und „Saiten/Sprünge“ sind wieder zu sehen.

Unter dem Motto „Kontinuität und Entwicklung“ steht auch das Programm der Staatskapelle mit acht Sinfoniekonzerten: So erklingt zur Eröffnung (6. und 7. 10.) neben Beethovens Sinfonie Nr. 5 auch das Klavierkonzert von Adolf Busch – der Geiger und Komponist war mit Max Reger befreundet; das Brüder-Busch-Archiv befindet sich im Max-Reger-Institut. Außerdem ist zum Ende der Saison neben Dvořáks „Slawischen Tänzen“ eine Uraufführung des „Konzerts für Saxofonquartett und Orchester“ von Márton Illés zu hören, der bei Wolfgang Rihm studiert hat. Bei diesem Konzert ist das Raschèr Saxophon Quartett zu Gast.
Daneben sind in der neuen Saison zeitgenössische Werke der ukrainischen Komponistin Bohdana Froliak und des US-amerikanischen Komponisten und Gitarristen Bryce Dessner zu hören. Auch die Nachfrage nach Gustav Mahler wird befriedigt – mit der Sinfonie Nr. 6 unter der Leitung von Georg Fritzsch.
Zwei weitere Sinfoniekonzerte widmen sich den Werken von Lili Boulanger, Ernest Bloch und Dmitri Schostakowitsch. Eine Besonderheit gibt es im 6. Sinfoniekonzert: Im Rahmen der Nachhaltigkeitstage erklingen am Klimatag (unter dem Motto „Meer“) passende Werke von Britten, Shih (*1950), von Glasunow und Débussy.
Daneben gibt es mehrere Sonderkonzerte - darunter eine Eröffnungsgala („A Night at the Opera“) mit dem neuen Opernensemble, außerdem Kinderkonzerte (u. a. mit Prokofjews Peter und der Wolf), Kammerkonzerte und Liederabende. Auch die beliebten Reihen "Nachtklänge", "KlangÖffner" und "Jazz Nights" werden fortgesetzt. Die Spielzeit soll künftig ebenfalls mit einer Gala, mit einer Rückschau auf die Saison-Höhepunkte, beschlossen werden.

Kevin Barz und Anna-Teresa Schmidt übernehmen künftig die Leitung der neu begründeten Sparte „Digitaltheater“ - einem Nachfolgeprojekt des Volkstheaters. Die Spartenleiter sehen das „Digitaltheater“ als ein Netzwerk zwischen Theater und Stadt, zwischen Kunst und Wissenschaft.
Gleich das erste Projekt „Paradise Found – Wo ist dein Paradies?“ soll über einen Zeitraum von zwei Jahren gemeinsam mit der Stadtgesellschaft entstehen. Dabei sind Karlsruher Bürgerinnen und Bürger eingeladen, das Libretto und sogar die Musik mitzuschreiben: Sie sollen in Interviews verraten, wo ihr „persönliches Paradies“ liegt. Der Komponist Paul Brody komponiert aus den Sprachmelodien der Interviews die Musik zu den einzelnen Episoden.
In „Die Tagesshow – It’s called Fake News“ hat das Publikum die Chance, jeden Abend selbst eine andere Realität zu kreieren. Und Goethes Ballade „Der Zauberlehrling“ lieferte die Vorlage für eine Auseinandersetzung mit den „magischen Kräften“ unseres heutigen Alltags – nämlich der Künstlichen Intelligenz.

Der designierte Kaufmännische Intendant Johannes Graf-Hauber kündigte indessen eine Preiserhöhung aufgrund gestiegener Personalkosten und einer erhöhten Eigenfinanzierungsquote an - und zwar um rund 10 Prozent. Konkret verteuern sich die Karten um einen Betrag, der zwischen einem und sieben Euro liegt.
Die Künstlerische Betriebsdirektorin Uta-Christine Deppermann betonte, dass trotz laufender Sanierung und Neubau auch 2024/25 alle Spielstätten im Haus genutzt werden können.

Eröffnet wird die neue Spielzeit mit dem großen Theaterfest am 14. September. Der Vorverkauf für ausgewählte Vorstellungen der Händel-Festspiele 2025 startet am 3. Juni. Vorstellungen im September und Oktober werden bereits am 1. Juli freigeschaltet, die gesamte neue Spielzeit geht ab dem 23. Juli in den Verkauf.