Skip to main content

Akademische Feier zum Start des Wintersemesters an der Karlsruher Musikhochschule

| Christine Gehringer | PAMINA kurz notiert

Mit der traditionellen „Akademischen Feier“ wurde am Montag an der Musikhochschule Karlsruhe das Wintersemester eröffnet – sie stand noch unter dem Eindruck des Todes von Wolfgang Rihm, der am 27. Juli nach langer Krankheit gestorben war.
Den farbenfrohen Blumenstrauß neben dem Rednerpult nahm der Rektor Matthias Wiegandt zum Anlass, auf die Hochschule als einen Ort der „Lebensfreude“ hinzuweisen – und es war zugleich eine schöne Geste, dass er sein Grußwort mit einem Dank begann: an diejenigen, die im Hintergrund wirken und „zum Gelingen des Abends beigetragen haben“.
Mit dem Wunsch für die Erstsemester, sie mögen ihr Potenzial in Karlsruhe „zur vollen Entfaltung“ bringen“, ging auch die Einladung einher, in Karlsruhe selbst auf „Entdeckungsreise“ zu gehen und sich um Netzwerke zu kümmern: Denn was Karlsruhe (kulturell) alles zu bieten habe, das trage man hier nicht stolz vor sich her. Vielmehr – und das war wohl als feine, ironische Spitze gemeint – übe man sich in Zurückhaltung.
Doch der Rektor wies ebenso auf die großen Krisen unserer Tage hin: Zunächst nannte er die Bedrohung, die sich ergibt, wenn sich Bürger aus lauter Unzufriedenheit zunehmend den radikalen Kräften zuwenden. Das betreffe auch die Kultur, so Wiegandt - etwa dann, wenn durch Fusionen in der Medienlandschaft Arbeitsplätze wegfallen, wie zum Beispiel in den Klangkörpern der Rundfunkanstalten oder in den Kulturredaktionen. Wiegandt verwies dabei auf die Diskussionen um den Rundfunkbeitrag.
Als Hochschule habe man das „Wohl der jungen Menschen im Blick“, sagt Wiegandt. Er betonte in diesem Zusammenhang auch, dass Generationen künftiger junger Studierender ganz direkt von Temperatursteigerungen durch den Klimawandel betroffen sein könnten. Er appellierte deshalb an die jungen Musiker, dass hier auch der „mitdenkende Mensch“ gefordert sei.

Claus Temps, seit 2023 Vorsitzender des Freundeskreises (er löste den ehemaligen SWR-Redakteur Hans Hachmann ab) warb um Unterstützung für die zahlreichen Förderprojekte des Vereins. So vergibt der Freundeskreis Stipendien in Höhe von 55000 Euro und unterstützt die Studierenden durch Wettbewerbe: Im Rahmen des Heinz-Kunle-Wettbewerbs (benannt nach dem Gründer des Freundeskreises) sind die Studierenden dazu eingeladen, sich mit neuen Konzertformaten auseinander zu setzen. Sie betreffen die Fragen nach neuen Publikumskreisen, nach anderen künstlerischen Sparten und neuen technischen Möglichkeiten – und zwar ohne dabei die klassischen Formate zu verwässern. Der Schulmusikwettbewerb macht wiederum darauf aufmerksam, dass Exzellenz auch im Bereich der Musikpädagogik gefordert ist.
Diese Arbeit wird unter anderem unterstützt durch das jährliche Benefizkonzert des Freundeskreises. Darüber hinaus beteiligt sich die Karlsruher Musikhochschule auch am Deutschlandstipendium, das vom Bund und von privaten Förderern getragen wird, und vergibt ab dem Wintersemester vierzehn Stipendien an besonders begabte und leistungsfähige Studierende.

Auf den gegenseitigen Respekt – vor den Wünschen der Studierenden und vor dem Wissen der Dozenten - verwies Maria Stange, die Vorsitzende der Alumni-Vereins. Das sei ein Respekt, der „der lange trägt“. Den Erstsemestern wünscht sie, „dass ihr gerne an die Hochschule zurückkehrt!“ Die eigenen Träume in den Mittelpunkt des Studiums zu stellen und sich zu trauen, neue Wege zu gehen – das ist für Fabian Kabuß, Vorsitzender des AStA, ein wesentlicher Teil der Ausbildung. Denn diese Zeit sei eine Zeit „voller Chancen und Entwicklungen“.

Chancen und Entwicklungen, aber auch Verluste stellte ebenso Evelyn Meining, die Vorsitzende des Hochschulrates, in den Mittelpunkt ihres Grußwortes. So sei etwa der Charakter und das weitgespannte Wissen von Wolfgang Rihm prägend für die Karlsruher Musikhochschule gewesen. An die Studierenden gerichtet, verwies Evelyn Meining auf ein Buch des Geigers und Dirigenten Reinhard Goebel („Der Kopf macht die Musik“): „Nehmen Sie alles auf, was sich Ihnen bietet! Musik ist mehr als nur das Beherrschen eines Instruments“.
Doch die Hochschulratsvorsitzende machte auch auf eine problematische Entwicklung aufmerksam: So brächten es die Spaltungen in der Gesellschaft mit sich, dass Hochkultur vielfach nur noch als zu „elitär“ wahrgenommen werde, als eine Beschäftigung „alter weißer Männer“. Die Exzellenz, die aber notwendig sei, um Bach oder Beethoven zu musizieren – die wolle man mancherorts gar nicht mehr haben.

Exzellenz bewiesen dagegen die Studierenden der Hochschule, die den Abend musikalisch gestalteten: Zum Beispiel das Trio Gottesaue (Tomonori Murakami, Klavier, Sakura Nakagawa, Violine, und Junyu Chen, Violoncello) - es spielte den ersten Satz aus Mendelssohns c-moll-Klaviertrio op. 66 und nahm dabei die Satzbezeichnung „Allegro energico e con fuoco“ ganz wörtlich.
Mit dem schwebend-verhangenen „Weltgeheimnis“ (aus: Vier späte Gedichte von Friedrich Rückert) präsentierten Julika Hing (Mezzosopran) und Khayala Alizada (Klavier) unter anderem den Liedkomponisten Wolfgang Rihm. Ein Stück voller Reibungen und Spannungen, mit fragilen Holzbläsern und Harfe – das schuf der junge Komponist Yankai Lin (Jahrgang 2001) mit „In die Dunkelheit“, gespielt von Matthieu Grandola, Flöte, Imke Muitjens, Klarinette und Theresa Bogisch, Harfe. Die technisch hoch anspruchsvolle „Islamey“-Fantasie von Mili Balakirew (Klavier: Yu-Hsien Chen) setzte den Schlusspunkt unter die Feier.