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Programm der Händel-Festspiele am Staatstheater vorgestellt/ weltweit erster Wettbewerb für Countertenöre

| Christine Gehringer | PAMINA kurz notiert

Die barocken Sänger dieser Welt werden künftig womöglich besonders die Karlsruher Händel-Festspiele im Blick haben. Denn der neue Operndirektor Christoph von Bernuth, zugleich auch Künstlerischer Leiter der Festspiele, hat einen Wettbewerb für junge Countertenöre initiiert: den Farinelli-Wettbewerb, benannt nach dem berühmtesten Kastraten der Musikgeschichte. Er ist weltweit ein Novum.
Beim kommenden Festival (vom 21. Februar bis zum 7. März 2025) geht der Wettbewerb erstmals über die Bühne; das Finalkonzert ist für den 2. März vorgesehen, begleitend dazu zeigt die Karlsruher Schauburg bereits am Nachmittag den Film „Farinelli, der Kastrat“ von Gérard Cobiau. Das Finale wird weltweit gestreamt.
Die Ausschreibung für den Farinelli-Wettbewerb beginnt mit dem heutigen 7. November; Bewerbungsschluss ist der 31. Dezember 2024 (weitere Informationen gibt es auf der Website des Staatstheaters Karlsruhe).

Auf diese Weise möchte man „ein Podium für junge Sänger schaffen, damit sie die Möglichkeit bekommen, sich ins Spiel zu bringen“, so Bernuth. Neben dem Preisgeld, zum großen Teil gestiftet von der Karlsruher Händel-Gesellschaft, sind deshalb auch verschiedene Engagements vorgesehen.
Der Wettbewerb wendet sich an Countertenöre aller Stimmfächer unter 35 Jahren und umfasst neben dem Schwerpunkt auf barocke Partien auch späteres Repertoire bis hinein in Gegenwart. Dafür wird eigens ein Preis für „Neue Musik“ vergeben, denn in diesem Bereich werden ebenfalls zunehmend Countertenöre eingesetzt. „Außerdem gibt es immer mehr Sopranisten“, beobachtet Christoph von Bernuth.
Beurteilt werden die Sänger von einer namhaften Jury, bestehend aus dem Countertenor Max Emanuel Cencic (Künstlerischer Leiter des Bayreuth Baroque Opera Festival), Bernd Feuchtner (Intendant der Händel-Festspiele Halle), dem Karlsruher Intendanten Christian Firmbach, der Mezzosopranistin Vivica Genaux und Natascha Ursuliak (Oper Zürich, Casting).

Hochkaräter und barocken Glamour verspricht auch das sonstige Festspiel-Programm, das die künstlerischen Leiter (neben von Bernuth sind das die Musik- und Konzertdramaturgin Stephanie Twiehaus und der Orchesterdirektor Oliver Kersken, früher selbst Mitglied der Händel-Solisten) auf der heutigen Pressekonferenz vorstellten.

Im Mittelpunkt steht Händels Zauberoper „Rinaldo“ - und zwar in der selten aufgeführten Fassung von 1731, in der aber alle „Hits“ erhalten sind. Christoph von Bernuth verspricht ein „barockes Spektakel“ - und im wahrsten Sinne des Wortes auch „barocken Zauber“. Regie führt Hinrich Horstkotte, in der Titelrolle ist Lawrence Zazzo zu erleben. Wieder aufgenommen wird daneben „Siroe, Re di Persia“, und die Oper „Phèdre“ von Jean-Baptiste Lemoyne ist eine Verzahnung mit dem regulären Spielplan des Staatstheaters.

Den Konzertreigen eröffnet ein Galakonzert der Countertenöre; der „Sängerwettstreit“ wird also bereits hier eingeläutet, und zwar mit Nicolò Balducci, Kangmin Justin Kim und Eric Jurenas. Mit dem „Orchestre de l‘ Opéra Royal de Versailles" holt man dazu gewissermaßen die französische Hofkapelle nach Karlsruhe.

Auch ein Festspiel-Motto gibt es - und zwar mit einem aktuellem Bezug: „Möge die Macht der Liebe die Kriegsglut bald erkalten lassen“. Es ist der Oper "Rinaldo" entnommen und bildet eine Art roten Faden, so etwa für einen Vortrag der Musikwissenschaftlerin Silke Leopold oder ein Konzert mit dem Titel „Battaglia e tempesta“. Als Kontrast dazu spürt das Ensemble 1700 mit der Blockflötistin Dorothee Oberlinger dem Thema „Arkadien“ in der Evangelischen Stadtkirche nach.
Hoch aktuell ist auch eine musikalische Lesung mit Auszügen aus einem 20 Jahre alten Briefwechsel zwischen dem Schriftsteller und Orientalisten Navid Kermani und dem israelischen Soziologen Natan Szaider: Thema ist der Nahost-Konflikt.

Zu Händels Geburtstag gibt es einen „Salon“ mit Gesprächen und Musik – etwa mit dem jungen Karlsruher Nachwuchs-Ensemble „Studio 16“ und mit einem Jazztrio. Das Festkonzert der Deutschen Händel-Solisten (das Ensemble feiert im nächsten Jahr sein 40jähriges Jubiläum) stellt die Londoner Diva Francesca Cuzzoni in den Mittelpunkt. Diese Rolle übernimmt die italienische Sopranistin Francesca Aspromonte, am Pult steht Gianluca Capuano. Auch ein Kammerkonzert gibt es – im kommenden Jahr allerdings in der Kleinen Kirche in Karlsruhe.

Das Thema „Crossover“ steht erneut im Kontext barocker Musik: Im Konzert „Händel goes wild“ ist Christina Pluhar mit dem Ensemble L‘ Arpeggiata, dem Countertenor Valer Sabadus und der Sopranistin Johanna Rosa Falkinger zu erleben – die Zuhörer erwartet unter anderem Improvisationskunst bis hin zum Jazz.

Die Karlsruher Händel-Gesellschaft engagiert sich nicht nur beim Farinelli-Wettbewerb, sondern hat auch erneut den künstlerischen Nachwuchs beim traditionellen Jugendwettbewerb im Blick. Eine feste Größe ist daneben der Ökumenische Festgottesdienst in der Evangelischen Stadtkirche.

Die Internationale Händel-Akademie beteiligt sich in diesem Jahr mit einem Symposium am Festival-Programm. Die Veranstaltung („Händel als Bearbeiter eigener und fremder Werke“) richtet sich nicht nur an Fachleute, sondern auch an das allgemein interessierte Publikum.
Ehemalige Teilnehmer der Händel-Akademie sorgen außerdem dafür, dass mit „Rinaldino - Ein Fantasy-Konzert“ auch ein junges Publikum (ab 6 Jahren) angesprochen wird. Das Konzept stammt von Stephanie Twiehaus, realisiert wird es vom Leiter des neuen Bereichs Digitaltheater, Kevin Barz. Diese Kooperation verfolgt das langfristige Ziel, auch einzelne Nachwuchs-Musiker der Händel-Akademie in die Festspiele einzubinden.