Akademische Feier an der Musikhochschule Karlsruhe: Es herrscht wieder Aufbruchstimmung
„Endlich wieder echte Menschen!“ Das war der einhellige Tenor der Redner im Rahmen der Akademischen Feier zur Eröffnung des Wintersemesters an der Musikhochschule Karlsruhe. 102 Studierende beginnen in diesen Monaten ihr Musikstudium in der Fächerstadt – und dies glücklicherweise unter besseren Bedingungen, als es in den zurückliegenden drei Semestern der Fall war. „Wir schauen wieder mutig nach vorne“, äußerte sich Rektor Hartmut Höll zuversichtlich. Seine Amtszeit verlängert sich nun bis ins Jahr 2022; pandemiebedingt konnte noch kein Nachfolger gefunden werden.
„Wir kehren zurück zum Präsenzunterricht und zur Gremienarbeit“, sagte er; auch der Hochschulchor mit hundert Sängern könne wieder proben. „Doch haben wir eineinhalb Jahre Lebenszeit verloren“, sorgt sich Höll: „Ich denke vor allem an Studierende, die vor ihren Probespielen standen, die auf einen detailliert geplanten Karrierestart hofften.“ Ob sich all die verpassten Chancen, die Versäumnisse wieder aufholen ließen, wisse man momentan noch nicht.
Über ihre Chance, in Deutschland studieren zu können, freuten sich indessen jene jungen Künstler, an die unter anderem der Freundeskreis der Hochschule und der Kulturfonds Baden regelmäßig Stipendien vergibt. Zwei Studierende aus Südamerika, die sich ansonsten die Studiengebühr nicht leisten könnten, bedankten sich dafür mit emotionalen Worten.
Dominic Graumann, ein Vertreter des AStA, schilderte die Situation der zurückliegenden Semester aus erster Hand: Anstatt sich mit Komilitonen zu treffen und sich mit ihnen auszutauschen zu können, habe er alleine beim Online-Unterricht vor dem Computer gesessen. „Das bringt mich zu der Frage: Was macht Studieren eigentlich aus?“ Denn gerade beim Musizieren sei das soziale Miteinander wichtig.
Die neu gewählte Hochschulratsvorsitzende Evelyn Meining (ihr Vorgänger, der ehemalige baden-württembergische Umweltminister Erwin Vetter, war kurzfristig aus dem Amt ausgeschieden) verwies nachdrücklich darauf, dass Musiker auch für die Unentbehrlichkeit ihrer Kunst einzustehen hätten: „Denn was, wenn nicht die Kunst, bleibt als Spuren menschlicher Zivilisation sonst übrig?“ Unbefriedigend sei deshalb, dass das Thema „Kultur“ auch im Wahlkampf, in den Triellen, keine Rolle gespielt habe.
Die traditionelle „Karlsruher Rede“ hielt Martin Tröndle, Vizepräsident der Zeppelin Universität in Friedrichshafen. In einem umfangreichen Forschungsprojekt („Experimemental Concert Research“) gehen er und sein Team derzeit der Frage nach, weshalb Menschen überhaupt ins Konzert gehen – und auch, warum sie keine Konzerte besuchen. Dabei wird unter anderem untersucht, welche sozialen und emotionalen Faktoren während des Konzerts eine Rolle spielen – bis hin zur Messung von Herz- oder Atemfrequenz. Sämtliche Parameter, so Tröndle, könne man unter dem Prinzip der „Nähe“ zusammenfassen. Kultur, sagte er, spreche den Menschen demnach an, wenn sie in der Lage sei, eine solche Nähe herzustellen.
Eigentlich ist dies ein hoch interessantes, wichtiges Thema – bedauerlich war nur, dass Tröndle dies in seiner der Rede durch zu schnelles, teils unverständliches Sprechen und durch zu viele Fachbegriffe nicht im vollen Umfang vermitteln konnte.
Traditionell wurde die Feier durch Studierende und Dozenten musikalisch umrahmt; besonders hervorzuheben sind dabei Jeongheon Nam (Violoncello) und Mihyeok Gwon (Klavier) mit einer fabelhaften Interpretation zweier Sätze aus der Sonate F-Dur op. 99 von Johannes Brahms. Für einen „fröhlichen Kehraus“ sorgten am Ende einige der „Liebesliederwalzer“ von Brahms.