Baden-Baden: Festival "La Capitale d' Eté" startet am kommenden Freitag

| Christine Gehringer | PAMINA kurz notiert

„La Capitale d’Été“ - so nannte der Reise-Journalist Eugène Guinot die malerische Stadt an der Oos Mitte des 19. Jahrhunderts. „Wenn ein Unwissender fragen würde, welches die Hauptstadt Europas ist, würde man ihm das sagen: Europa hat zwei – eine Winterhauptstadt – Paris; und eine Sommerhauptstadt – Baden-Baden.“ Hier lebten Johannes Brahms, Clara Schumann und Pauline Viardot; hier trafen sich Persönlichkeiten aus Kultur und Gesellschaft.
An diese Tradition will man im Festspielhaus Baden-Baden wieder anknüpfen, und zwar mit einem Sommer-Festival, das in den Händen von Yannick Nézet-Séguin liegt: Der Musikdirektor der New Yorker Metropolitan Opera erhält damit seine eigenen Festspiele in der Region. „Die Stadt Baden-Baden ist so wichtig für das kulturelle Leben in Europa“, erklärte der Kanadier auf einer Video-Pressekonferenz. Festspielhaus-Intendant Benedikt Stampa ergänzte, man müsse die historische Bedeutung Baden-Badens – zumal inzwischen Weltkulturerbe - „in die Welt hinaustragen“. Hier seien er und Nézet-Séguin „Brüder im Geiste“.
Wer Yannick Nézet-Séguin - er zählt zu den interessantesten und gefragtesten Künstlern unserer Zeit – in Europa für längere Zeit erleben möchte, der muss also künftig an die Oos reisen; am kommenden Wochenende ist dazu Gelegenheit: Die Erstausgabe des Festivals geht vom vom 8. bis zum 17. Juli über die Bühne. Gemeinsam mit dem Chamber Orchestra of Europe und mit jungen preisgekrönten Solisten wie etwa der italienischen Pianistin Beatrice Rana verneigt sich der Dirigent dabei vor den Komponistinnen Clara Wieck und der nach wie vor eher unbekannten Louise Farrenc (eine der bedeutendsten Künstlerinnen des 19. Jahrhunderts) und setzt beide in Beziehung zu Johannes Brahms.
„Die Komponistinnen der damaligen Zeit waren oft genauso talentiert, manchmal sogar talentierter als ihre männlichen Kollegen“, sagt Nézet-Séguin. Allerdings hätten sie nicht dieselben Möglichkeiten gehabt, deshalb gebe es in der Musikgeschichte einige „blinde Flecken“. (Louise Farrenc hatte jedoch das Glück, mit einem Verleger verheiratet zu sein, so waren ihre Werke zumindest zu ihren Lebzeiten verbreitet, gerieten dann aber in Vergessenheit).
Diese „blinden Flecken“ zu beseitigen, daran möchte der Kanadier arbeiten: „Es ist mein Wunsch, dass die Leute in zehn Jahren sagen: Louise Farrenc ist diejenige, die klingt wie Mendelssohn“ - aber eben dennoch mit einer eigenen Sprache. Auch Repertoire-Klassiker gelte es „neu“ zu entdecken. Deshalb ist es Yannick Nézet-Séguin ein Anliegen, die Werke im Programm zueinander in Beziehung zu setzen.
Mit viel Geduld soll mit „La Capitale d‘ eté“ im Laufe kommenden Jahre ein „Diamant im Festivalkalender“ geschliffen werden, so Benedikt Stampa. Vor allem aber will das neue Sommerfestival Brücken bauen – zwischen den Menschen, die nach Baden-Baden kommen, aber in nach-pandemischer Zeit auch erneut zwischen Künstlern und Publikum: „Denn danach hungern die Leute“, sagt Yannick Nézet- Séguin. „Wir müssen Musik wieder gemeinschaftlich erleben; wir gehen ins Konzert, weil wir es möchten und nicht, weil wir das schon immer so gemacht haben“.
Um möglichst vielen Menschen diesen gemeinschaftlichen Genuss zu ermöglichen, wird das Festspiel-Konzert am Sonntag, 10. Juli 2022 um 17 Uhr live zeitversetzt (ab 17.30 Uhr) in den Klosterhof der Abtei Lichtenthal gestreamt. Hinweis: Die Plätze für dieses Public Viewing sind aber bereits vergeben; es ist jedoch noch möglich, das Konzert vor Ort im Festspielhaus zu erleben.

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