Kritik
Großes Drama und leise Töne
| Christine Gehringer | Kritik
Hilary Hahn und das Orchestre National de Lyon im Festspielhaus Baden-Baden
Die Geigerin Hilary Hahn und das Orchestre National de Lyon spielten Berlioz und Tschaikowsky im Festspielhaus Baden-Baden. (Foto: manolo press/ Michael Bode)
Der Komponist Hector Berlioz gastierte oft in Baden-Baden. Seine Oper „Béatrice et Bénédict“ wurde zur Einweihung des neuen Theaters in der Kurstadt uraufgeführt; zum Gedenken ist die Parkanlage neben dem Festspielhaus nach ihm benannt.
Und so hatte das Programm des Orchestre National de Lyon, das jetzt mit seinem Chef Leonard Slatkin und der Geigerin Hilary Hahn an der Oos gastierte, auch einen regionalen Bezug: Zu hören war Berlioz' „Symphonie fantastique“.
Hilary Hahn hingegen widmete sich Tschaikowskys Violinkonzert – und entlockte diesem Werk fabelhaft zarte Töne.
Großartige Klangregie
| Christine Gehringer | Kritik
Herbert Blomstedt und die Wiener Philarmoniker im Festspielhaus Baden-Baden
Herbert Blomstedt und die Wiener Philharmoniker gastierten im Festspielhaus Baden-Baden. (Foto: Michael Gregonowits)
Mit der Noblesse eines Gentleman steht Herbert Blomstedt am Pult, und ja, man liest richtig: Der ehemalige Chef des Gewandhausorchesters, der nach wie vor auf sämtlichen großen Bühnen dirigiert und jetzt die Ehrenmedaille der Stadt Leipzig erhält – er wird tatsächlich demnächst 90 Jahre alt.
Im Festspielhaus Baden-Baden stand der schwedische Dirigent nun am Pult der Wiener Philharmoniker; es gab einen wunderbaren Wiener Abend mit Mozart und Bruckner.
Rundfunk-Oper als Bühnenstück
| Christine Gehringer | Kritik
Hermann Reutters "Die Brücke von San Luis Rey" an der Musikhochschule Karlsruhe
Hermann Reutters "Die Brücke von San Luis Rey": Der seltenen Gattung der Rundfunk-Oper widmete sich jetzt das Institut für Musiktheater. (Foto: Musikhochschule Karlsruhe)
In den zwanziger Jahren kam die Gattung „Funk-Oper“ auf; eines der bedeutendsten Werke ist „Der Lindberghflug“ von Bert Brecht und Paul Hindemith aus dem Jahr 1929.
Besonders nach dem zweiten Weltkrieg wuchs die Popularität dieser Musikform: Denn die traditionelle Oper war politisch missbraucht und zudem überladen worden, nun musste eine reduzierte Form her.
Aus dieser Zeit stammt Hermann Reutters „Die Brücke von San Luis Rey“ nach dem Welterfolg von Thornton Wilder. 1954 wurde das Stück für den Hessischen Rundfunk produziert, später kam es auf die Bühne – und an der Musikhochschule Karlsruhe haben Andrea Raabe und Stephan Mösch das vergessene Stück jetzt neu entdeckt. Am heutigen Dienstag, den 2. Mai und am Donnerstag, den 4. Mai ist die Oper noch zu sehen.
Bildhaft und tiefsinnig
| Christine Gehringer | Kritik
Ettlinger Schubertiade: Berührender Heinrich-Heine-Liederabend mit Hans Christoph Begemann und Thomas Seybolt
Liedvertonungen von Heinrich Heine gab es bei der Ettlinger Schubertiade mit Thomas Seyboldt und Hans Christoph Begemann. (Foto: Gehringer)
Heinrich Heine ist der am häufigsten vertonte deutschsprachige Dichter: Nahezu alle bedeutenden Komponisten des 19. und frühen 20. Jahrhunderts, dazu etliche Zeitgenossen, haben seine Texte in Musik übertragen. Das liegt vielleicht auch daran, dass Heine schon als junger Dichter genau das im Sinn hatte; seiner Lyrik liegt das Lied also bereits zu Grunde.
Wer einen Heine-Liederabend plant, der kann demnach aus dem Vollen schöpfen – so wie jetzt der Pianist Thomas Seyboldt und der Bariton Hans Christoph Begemann bei der Ettlinger Schubertiade.
Festspielwürdig ist vor allem das Orchester
| Christine Gehringer | Kritik
"Tosca" in Baden-Baden: Rattle zaubert im Orchestergraben/ Himmelmanns Inszenierung mit Schwächen
Puccinis "Tosca" (Regie: Philipp Himmelmann) bei den Osterfestspielen in Baden-Baden. (Foto: Monika Rittershaus)
Es kann einer Oper zweifellos zu Gute kommen, wenn sich ein Dirigent erstmals mit ihr auseinandersetzt. Denn er steht dann nicht in der Gefahr, das Stück zur reinen Routine verkommen zu lassen, und er glaubt auch nicht, schon alles zu wissen.
Erstmals dirigiert Simon Rattle Puccinis „Tosca“ - und geradezu mitfühlend ist der Klang, der aus dem Orchestergraben kommt. Umsichtig spielen die Berliner Philharmoniker, und dann wieder mit größter emotionaler Wucht – während die Inszenierung von Philipp Himmelmann vor allem im dritten Akt deutlich schwächelt.
Orchestrale Kraft an der Klais-Orgel
| Christine Gehringer | Kritik
"Unsterbliche Franzosen": Carsten Wiebusch spielte in der Christuskirche Karlsruhe.
Französisches Repertoire an der Klais-Orgel: Carsten Wiebusch spielte in der Christuskirche Karlsruhe. (Foto: PR)
Zum Schlussapplaus trat Carsten Wiebusch einen Schritt zur Seite und deutete demonstrativ auf die imposanten Prospektpfeifen über der Orgelempore. Ja, sie ist ein wunderbares Instrument, diese Klais-Orgel an der Christuskirche in Karlsruhe, und so zeigte sie denn auch bei einer Orgelsinfonie von Louis Vierne ihre ganze Klang-Pracht.
Eigenwilliger Eingriff ins Libretto
| Christine Gehringer | Kritik
Prachtvoll, aber mit Fragezeichen: Katharina Thoma inszeniert "Adriana Lecouvreur" am Badischen Staatstheater Karlsruhe
Barbara Dobrzanska in der Rolle der "Adriana Lecourvreur" am Staatsheater Karlsruhe (Foto: Falk von Traubenberg)
Ein Abend wie gemacht für Barbara Dobrzanska: Die beliebte Sopranistin des Badischen Staatstheaters glänzte in der Rolle der "Adriana Lecouvreur" in der gleichnamigen Oper von Francesco Cilea. Die Inszenierung von Katharina Thoma liefert rasche, farbenfrohe Bilder; insgesamt gibt das Konzept allerdings einige Rätsel auf.
"Ein feste Burg" als nationales Triumphlied
| Christine Gehringer | Kritik
"Luther in Worms" in der Stadtkirche Karlsruhe: Das Oratorium von Ludwig Meinardus entstand zur Zeit der Reichsgründung 1871
"Luther in Worms" zum Reformationsjahr: KMD Christian-Markus Raiser wartete in der Evangelischen Stadtkirche Karlsruhe mit einer Rarität des Romantikers Ludwig Meinardus auf. (Foto: Gehringer)
Dramatisch, wuchtig, heroisch - diesen Eindruck hinterlässt das Oratorium „Luther in Worms“, das jetzt an der Evangelischen Stadtkirche in Karlsruhe zu hören war. KMD Christian-Markus Raiser erinnerte damit an ein Werk des Romantikers Ludwig Meinardus, das heutzutage vergessen ist, das aber seinerzeit – zum 400. Geburtstag Martin Luthers 1883 – offenbar landauf, landab gespielt wurde.
Eine Karlsruher Erstaufführung – und ein durchaus interessantes Zeit-Zeugnis.