Kritik
Interessanter Einblick in die Welt der Renaissance
| Christine Gehringer | Kritik
Ettlinger Schlosskonzert mit Musik aus dem Lautenbuch des Sebastian Ochsenkun
Ungewöhnlicher Abend bei den Ettlinger Schlosskonzerten: Der Lautenist Andreas Arend beschäftigte sich mit der Musik aus dem Heidelberger Lautenbuch des Sebastian Ochsenkun. (Foto: Ana Prada/ PR)
Es ist spannend zu sehen, welche Musik teilweise in den Archiven schlummert: Zum Beispiel das Heidelberger Lautenbuch des Sebastian Ochsenkun (1521-1574), der im Dienst des Kurfürsten Ottheinrich von der Pfalz stand. Das Repertoire der fürstlichen Hofkapelle hielt Ochsenkun in diesem Lautenbuch fest, und dabei gibt es eine Besonderheit: Es handelt sich dabei um so genannte "Intavolierungen" - das heißt, die mehrstimmigen Werke der Renaissance-Komponisten wurden in der damals üblichen Tabulaturschrift für Laute so notiert, dass sie sich auch wieder für Ensemble einrichten lassen. Eine Art Partitur also.
Damit hat sich der Lautenist Andreas Arend jahrelang beschäftigt - und gemeinsam mit den Gambisten Matthias Müller und Niklas Trüstedt, den Sängern Dorothee Mields (Sopran) und Jan Kobow (Tenor) machte er beim jüngsten Ettlinger Schlosskonzert dieses Dokument lebendig. (Nachzuhören ist das Konzert am 26.01., 20.03 Uhr, SWR2 Abendkonzert).

Liebenswert und sinnlich
| Christine Gehringer | Kritik
"Das schlaue Füchslein" in Karlsruhe: Yuval Sharon inszeniert Janacek-Oper als Animationsfilm
Oper zwischen allen Genres: "Das schlaue Füchslein" von Leos Janacek am Staatstheater Karlsruhe. (Foto: Falk von Traubenberg)
Oper oder Kino? Oder doch eher ein Konzert mit bewegten Bildern - immerhin sitzt ja das Orchester mitten auf der Bühne? Man weiß es nicht.
In Yuval Sharons Inszenierung von "Das schlaue Füchslein" verwischen die Grenzen, und das passt zum Charakter dieser Oper von Leos Janacek, denn auch das Stück bewegt sich zwischen verschiedenen Ebenen: zwischen Tier-Fabel und menschlichen Schicksalen.
Und mit seinem Animationsfilm (realisiert in den Walter Robot Studios in Los Angeles) greift Yuval Sharon zudem den Ursprung dieses Werks auf: Zu Grunde liegt eine Serie von Karikaturen, 1920 erschienen in der Brünner Volkszeitung, zu denen der tschechische Autor Rudolf Tesnohlidek den Feuilleton-Roman "Die Abenteuer des Füchsleins Schlaukopf" schrieb.
Kaleidoskop in schillernden Farben
| Christine Gehringer | Kritik
"Best of America": Zum Karlsruher Meisterkonzert kürzlich im Konzerthaus Karlsruhe
Ein amerikanisches Programm boten die Rheinische Philharmonie und der Klarinettist Dimitri Ahkenazy bei den "Meisterkonzerten" im Konzerthaus Karlsruhe. (Foto: Gehringer)
Angekündigt war Sharon Kam, eine der renommiertesten Klarinettistinnen unserer Zeit. Sie reiste auch tatsächlich noch zur Probe mit Garry Walker und dem Staatsorchester Rheinische Philharmonie an. Doch aufgrund einer kurzfristigen Erkrankung musste sie ihren Auftritt im Karlsruher Konzerthaus absagen. Nun begann für das Orchester-Management ein "Parforce-Ritt", wie es Michael Heintz, Veranstalter der "Karlsruher Meisterkonzerte", ausdrückte. Und dankenswerterweise kam Dimitri Ahkenazy, der den Abend rettete: Denn zu hören war ein ausgesprochen interessantes, stilistisch farbiges Programm mit Einflüssen aus dem Jazz: Unter dem Motto "Best of America" gab es Musik von Copland, Gershwin, Bernstein und Artie Shaw.
Ohne Worte - aber mit großer Aussage
| Christine Gehringer | Kritik
Stefan Temmingh und Margret Köll mit "Liedern ohne Worte" bei den Bruchsaler Schlosskonzerten.
Die Harfenistin Margret Köll und der Flötist Stefan Temmingh bei der Probe im Bruchsaler Schloss. (Foto: Hans-Peter Henecka)
"Singen ist das Fundament zur Musik in allen Dingen": Das erkannte bereits der Barockkomponist Georg Philipp Telemann. Zwar stand seine Musik nicht auf dem Programm beim jüngsten Bruchsaler Schlosskonzert, dafür aber gab es zahlreiche andere Lieder, Madrigale und Arien von Monteverdi bis Mozart - eingerichtet für Harfe und Blockflöte, auf der sich ebenfalls vortrefflich singen lässt. Schon allein die Auswahl - vom betörend weichen Ton der Bassflöte bis hin zum hellen Sopranino - ermöglicht die unterschiedlichsten Klangfarben und Charaktere.
Auch Felix Mendelssohn Bartholdy schrieb "Lieder ohne Worte" für das Klavier, und so lautete auch das Programm mit dem Südafrikaner Stefan Temmingh und der österreichischen Harfenistin Margret Köll. (Nachzuhören ist es am 6. Februar 2019 ab 20.03 Uhr im SWR2 Abendkonzert).
Urwüchsig und volksnah
| Christine Gehringer | Kritik
Dvorak und Beethoven: Andras Schiff, Ivan Fischer und das Budapest Festival Orchestra bei den Herbstfestspielen in Baden-Baden
Der Pianist Andras Schiff mit den Musikern des Budapest Festival Orchestra, die zwischendurch auch als Chor auftreten, im Festspielhaus Baden-Baden. (Foto: M. Bode/ Manolo Press)
Im Volkston - so heißen zum Beispiel Dvoraks Lieder op. 73 - und so hätte auch der Titel dieses Programms lauten können. Im Festspielhaus Baden-Baden gastierte das Budapest Festival Orchestra unter seinem Gründer Ivan Fischer, und zu hören war unter anderem Dvoraks sechste Sinfonie: Man erlebt sie so gut wie gar nicht in westeuropäischen Konzerthäusern. Dieser Sinfonie liegen slawische Tänze zu Grunde, so wie überhaupt der erste Programmteil eher folkloristisch gehalten war. Und dann formierte sich das Orchester überraschenderweise auch noch zum Vokalensemble, um eines von Dvoraks "Vier Chorliedern" op. 29 zu intonieren. Dazwischen: Ein "junger" Beethoven, der sich mit seinem Klavierkonzert Nr. 1 anschickte, als Komponist und Virtuose Wien zu erobern ...
Schumann und Beethoven - mit Noblesse und Esprit
| Christine Gehringer | Kritik
Veronika Eberle, Daniel Harding und das Schwedische Radio-Sinfonieorchester bei den Herbstfestspielen in Baden-Baden
Die Geigerin Viktoria Eberle und das Schwedische Radio Sinfonieorchester gastierten im Festpsielhaus Baden-Baden. (Foto: M. Gregonowits)
Als "kranke Musik" hat man Schumanns d-moll-Violinkonzert lange bezeichnet: Denn bereits ein Jahr nach seiner Entstehung, nämlich 1854, wurde der Komponist in die Nervenheilanstalt Endenich eingeliefert. Dieser Umstand färbte sehr lange auf die Wahrnehmung des Werks ab.
Erst in den vergangenen Jahrzehnten wurde das Konzert allmählich wieder entdeckt, auf den Spielplänen ist es nach wie vor eine Rarität - und dass es nun bei den Herbstfestspielen in Baden-Baden zu hören war, ist eigentlich einem Zufall zu verdanken: Die Geigerin Veronika Eberle ersetzte die erkrankte Janine Jansen - und das Publikum kam in einen seltenen Genuss.
Kunstvolle Verbindung zwischen Wort und Musik
| Christine Gehringer | Kritik
Konzertlesung an der Musikhochschule zum Gedenken an Peter Härtling
Ein Abend zum Gedenken an Peter Härtling: Sprecherin Elisabeth Verhoeven und Studierende der Musikhochschule Karlsruhe. (Foto: Gehringer)
Am 13. November wäre der Schriftsteller Peter Härtling 85 Jahre alt geworden. Er war der Karlsruher Musikhochschule in besonderer Weise verbunden: Zweimal hielt er die "Karlsruher Rede"; zu seinem 80. Geburtstag würdigten Studierende und Dozenten den Autor in einem musikalisch-literarischen Abend - damals noch mit ihm selbst als Sprecher.
Eine solche Konzertlesung gab es vor kurzem erneut im Wolfgang-Rihm-Forum; unter anderem mit Auszügen aus seinem letzten Werk "Der Gedankenspieler", das auch Härtlings Nähe zur Musik aufgreift.
Hommage an das Leben - im Angesicht des Todes
| Christine Gehringer | Kritik
Antrittskonzert von Kantor Peter Gortner an der Christuskirche Karlsruhe/ Gedenken an den Ersten Weltkrieg
Jonathan Dove's "There was a child" stand im Mittelpunkt des Antrittskonzerts von Kantor Peter Gortner an der Christuskirche Karlsruhe. (Foto: Gehringer)
Wenn das Antrittskonzert eines Kantors - wie jenes von Peter Gortner an der Christuskirche Karlsruhe - auf einen besonderen Jahrestag fällt, dann ist auch eine besondere Sensibilität gefragt. In diesem Fall war es das Ende des Ersten Weltkriegs vor genau 100 Jahren.
Dem jungen Heidelberger Kirchenmusiker gelang ein Programm, das zu diesem Anlass einen würdigen Bogen schlug und trotzdem eine lebensbejahende, hoffnungsvolle Atmosphäre schuf - und außerdem die verschiedenen Ensembles an der Christuskirche bestens ins Licht rückte. Fazit: Überaus gelungen!