Kritik
Der Pianist als Klangregisseur
| Christine Gehringer | Kritik
Zum Klavierabend mit Boris Giltburg kürzlich im Konzerthaus Karlsruhe
Boris Giltburg beim Klavierabend im Rahmen der "Karlsruher Meisterkonzerte" im Konzerthaus. (Foto: Gehringer)
Die „Etudes d' exécution transcendante“ von Franz Liszt werden oft als Klangstudien, als sinfonische Dichtungen bezeichnet, auf alle Fälle sind sie mehr als technische Übungsstücke. Dasselbe gilt für für die „Etudes tableaux“ von Sergej Rachmaninow.
Der israelische Pianist Boris Giltburg, der vor kurzem bei den Karlsruher Meisterkonzerten im Konzerthaus gastierte, sieht hier sogar „ganze Welten“, die sich hinter dem „dünnen Schleier“ der Noten verbergen. Eines muss der Pianist hier jedenfalls sein: ein Klangregisseur.

Das Streichquartett bietet Raum für viel "Unerhörtes"
| Christine Gehringer | Kritik
Zum Konzert des Almaviva Quartetts vor kurzem bei den Ettlinger Schlosskonzerten
Mozart und seine Zeitgenossen: Das Almaviva-Quartett gastierte bei den Ettlinger Schlosskonzerten. (Foto: PR/ Susanna Drescher)
Wenn bei einem Konzert ein Meister-Komponist nebst „Zeitgenossen“ zu hören ist, dann sind die Zeitgenossen oft zu Recht in Vergessenheit geraten und werden eher als Ergänzung, als spannendes „Zeitdokument“ ins Programm genommen. Ein bisschen war es auch so beim Konzert des Almaviva-Quartetts, das kürzlich bei den Ettlinger Schlosskonzerten zu erleben war.
Joseph Martin Kraus und Franz Krommer (den hat man meist schon mal „irgendwo“ gehört) waren in diesem Fall die Zeitgenossen von Wolfgang Amadeus Mozart. Wer das alles selbst noch einmal (nach)hören möchte, der hat dazu am 26. Mai ab 20.03 Uhr im SWR2 Abendkonzert die Gelegenheit.
Kraftvoll, körperlich - und zeitlos schön
| Christine Gehringer | Kritik
Zur Neuauflage des Balletts "Carmina Burana" am Staatstheater Karlsruhe
Sehenswert: Orffs "Carmina Burana" aus dem Nachlass von Germinal Casado ist ein Gesamtkunstwerk. (Foto: Jochen Klenk/ Staatstheater Karlsruhe)
Als der ehemalige Karlsruher Ballettdirektor Germinal Casado vor zwei Jahren starb, überließ sein Lebensgefährte Giulio Ragnoli der Spartenchefin Birgit Keil großzügig die „Carmina Burana“ - eine Choreografie, die bei ihrer Uraufführung vor 35 Jahren für einige Furore sorgte. Casado, einst Tänzer in der Kompagnie des legendären Maurice Béjart, machte sich nicht nur als Choreograf, sondern auch als Ausstatter einen Namen. In den 20 Jahren, in denen er am Staatstheater wirkte, schuf er über 60 Ballette; mit seiner Kompagnie „Danza Viva“ war er in aller Welt unterwegs. Jetzt ehrt das Haus den großen Künstler mit einem opulenten, spartenübergreifenden Projekt: In der Neuauflage der „Carmina Burana“ - mit Orchester, Chor und Solisten – verschmelzen sämtliche Kunstformen. Nach den zuletzt eher enttäuschenden Opern ist diese Produktion nun ein echtes Fest für die Sinne.
Zeitgenössische Musik ist auch Unterhaltungskunst
| Christine Gehringer | Kritik
Alumni-Konzert mit Johanna Vargas an der Musikhochschule Karlsruhe
Vokalkünstlerin in sämtlichen Stilrichtungen: Johanna Vargas widmet sich der zeitgenössischen Musik; hier beim Alumni-Konzert an der Musikhochschule Karlsruhe. (Foto: Gehringer)
Die Namen der Komponisten mag so manchen vielleicht ein wenig abgeschreckt haben: Reimann, Berio, Nono, Ligeti. Doch die Sopranistin Johanna Vargas, ehemalige Studentin der Karlsruher Musikhochschule und vielen Konzertbesuchern in ganz anderer Rolle bekannt – nämlich als Frontsängerin der Salsa-Band „Los Pantolores“ - kehrte nun zurück an ihre einstige Ausbildungsstätte. Ihr gut einstündiger Liederabend war eine geschlossene Bühnen-Performance: ein kunstvoll durchinszeniertes Programm, das sie gemeinsam mit ihrer Klavierpartnerin Magdalena Cerezo konzipiert hatte.
Mit dramatischer Wucht
| Christine Gehringer | Kritik
Selten zu hören: Frank Martins Passion "Golgotha"/ eindrucksvolle Aufführung in der Evangelischen Stadtkirche Karlsruhe
(Foto: Gehringer)
Eine Radierung von Rembrandt - „Die drei Kreuze“ - inspirierte einst Frank Martin zu seiner Passion „Golgotha“. Der Schweizer Komponist, der 1890 als Sohn eines Pfarrers geboren und auch von der Musik Johann Sebastian Bachs geprägt wurde, war außerordentlich beeindruckt von den Hell-Dunkel-Kontrasten in diesem Bild. Ähnliches findet man auch in Martins Musik: In „Golgotha“ richtet sich sozusagen der gesamte Lichtkegel auf die Perso Jesu, und die Kontraste ergeben sich zudem in den düster-dramatischen Bildern mit den schwebend-meditativen Passagen, die zwischendurch immer wieder aufleuchten.
Selten ist das Werk im Konzertbetrieb zu hören; in Karlsruhe konnte man es jetzt innerhalb weniger Jahre zum zweiten Mal erleben: Diesmal an der Evangelischen Stadtkirche, mit dem BachChor und der Camerata2000 unter der Leitung von Kirchenmusikdirektor Christian-Markus Raiser.
Wie eine große Musikerfamilie
| Christine Gehringer | Kritik
Musikfest bei den Osterfestspielen: Berliner Philharmoniker in kleinen Besetzungen, dann begeistert das Bundesjugendorchester.
Das Bundesjugendorchester unter Simon Rattle bei den Osterfestspielen im Festspielhaus Baden-Baden. (Foto: Andrea Kremper)
Es war eine besonders familiäre, warmherzige Atmosphäre beim Musikfest in Baden-Baden. Traditionell wird es vom Bundesjugendorchester gestaltet, und dass Simon Rattle auch die Arbeit mit dem künstlerischen Nachwuchs sehr am Herzen liegt, ist nicht zu übersehen: „Ich liebe dieses Orchester - das ist unsere Zukunft, und ich glaube, die ist nicht allzu schlecht“, witzelte er.
Die Begeisterung ist offenbar gegenseitig – und deshalb wurde Rattle, der im Laufe der Jahre mit insgesamt etwa 500 hochtalentierten jungen Orchester-Musikern gearbeitet hatte, im Rahmen dieses Konzerts zum ersten Ehrendirigenten des Bundesjugendorchesters ernannt.
Auch die Mitglieder der Berliner Philharmoniker rückten nochmals in kleineren Besetzungen in den Fokus: Das fabelhafte Bläser-Ensemble etwa, dazu die Berliner Barock Solisten.
Schwungvolle Komödie
| Christine Gehringer | Kritik
Osterfestspiele Baden-Baden: Bei Mozarts "Gärtnerin aus Liebe" punkten die jungen Talente
Osterfestspiele Baden-Baden: Bei Mozarts "La finta giaridiera" kommen die jungen Talente zu Wort. (Foto: Jochen Klenk)
Es ist eine Art minimalistisches Gegenstück zum „Parsifal“: eine völlig entrümpelte Bühne in einem kargen Weiß, das förmlich dazu zwingt, die Leere mit rasantem Spiel auszufüllen. Und in der Tat: Mit Mozarts „Gärtnerin aus Liebe“ haben der Regisseur Christian Carsten und der Dramaturg Martin Mutschler in Baden-Baden eine Mischung aus heiterem Volkstheater und Kammeroper geschaffen. Ein Stück, das auf allen Ebenen punktet und beste Unterhaltung bietet.
In Lauerstellung
| Christine Gehringer | Kritik
Spannendes Konzert, wachsames Ensemble: Das Trio Gaspard gastierte im Schloss Bruchsal.
Volksweisen innerhalb der Kammermusik: Damit setzte sich beim Bruchsaler Schlosskonzert das Trio Gaspard auseinander. (Foto: PR/ Irene Zandel)
Volksweisen haben die Musikliteratur im Laufe der Jahrunderte immer wieder bereichert; zu den bekanntesten Sammlern gehörte zum Beispiel Bela Bartok, der sich mit einem Phonografen eigens auf die Suche machte nach Liedern aus seiner ungarischen Heimat. Aber auch andere Komponisten griffen auf solche Weisen zurück: Joseph Haydn verarbeitete in seinem E-Dur-Trio (op 86,2) eine schottische Melodie, mit irischer Folkore setzte sich der Schweizer Frank Martin auseinander. Und Franz Schubert griff im Trio Es-Dur D 929 auf eine schwedische Weise zurück, die er bei einer Soiree kennen gelernt hatte. Insgesamt ein farbiges und spannendes Programm, das vom jungen Trio Gaspard vor kurzem im Bruchsaler Schloss vorgestellt wurde. Am 28.03. ist das Konzert im Abendprogramm bei SWR2 (20.03 Uhr) zu hören.