Skip to main content

Kritik

Klangschöne Raritäten

| Christine Gehringer | Kritik

Zum Sibelius-Abend mit Michael Tilson Thomas, dem London Symphony Orchestra und dem Geiger Ray Chen in Baden-Baden

 

180521 Sibelius BAD

Jean Sibelius? Hierzulande ist er leider immer noch unterrepräsentiert – trotz „Valse triste“ und „Finnlandia“, und obwohl sein Violinkonzert längst zum Standard in der Geigenliteratur gehört. Doch der finnische Komponist, angesiedelt in der spannenden Epoche zwischen Spätromantik und Moderne, wird traditionell vor allem in den USA und in Großbritannien gepflegt.
Deshalb war es ein Glück, dass jetzt ein ganzer Sibelius-Abend bei den Pfingstfestspielen in Baden-Baden zu hören war: Mit dem amerikanischen Dirigenten Michael Tilson Thomas und dem London Symphony Orchestra, dazu mit dem australischen Geiger Ray Chen (für die erkrankte Janine Jansen).

Vokale Kunst mit allen Raffinessen

| Christine Gehringer | Kritik

Schwarzwald Musikfestival: Jazzchor Freiburg gastierte in Ettlingen

 

180514 Jazzchor Freiburg

Gerade ging das Schwarzwald Musikfestival zu Ende, was seit einigen Jahren bis an die nordwestlichen Ausläufer reicht – nämlich bis nach Ettlingen. Dort, im Asamsaal des Schlosses, treten regelmäßig Vokal-Ensembles auf, die man stilistisch nicht auf ein Genre festlegen kann: Die Singphoniker zum Beispiel oder Singer Pur, nun der Jazzchor Freiburg.
Das passt zur Philosophie und zur „Musikfarbe“ des Festivals, wo man ARD-Preisträger neben Musik-Kabarettisten im Programm findet. So erklärte auch der künstlerische Leiter Markt Mast, das Schwarzwald Musikfestival sei im Grunde ein „ganzheitliches musikalisches Universum“, ein großes „Integrationsprojekt“.

Zwischen Himmelfahrt und Pfingsten: Messiaens großes Glaubenszeugnis

| Christine Gehringer | Kritik

Zur Gesamtaufführung der Orgelzyklen in der Christuskirche Karlsruhe

 

C Wiebusch

Man kann es gar nicht hoch genug einschätzen: Vor kurzem waren an der Christuskirche in Karlsruhe die gesamten Orgelzyklen von Olivier Messiaen zu erleben – einem Komponisten, den man ohnehin nicht allzu oft hört, zumindest nicht in dieser Fülle. Zu verdanken ist das dem ehemaligen Kantor Carsten Wiebusch, der auch nach seinem Ruf nach Frankfurt den Karlsruhern als Organist erhalten bleibt. Diese Werke – reich an Klangfarben und zum Teil auch an exotischen Rhythmen – geben einen tiefen Einblick in die Spiritualität des Komponisten. Ein echtes, tönendes Glaubenszeugnis.

Schwermut und Grazie

| Christine Gehringer | Kritik

Olga Peretyatko-Mariotti und die Bamberger Symphoniker mit Musik aus Russland in Baden-Baden

 

180506 Peretyatko Bamberger

Die Zugabe, der Ungarische Tanz Nr. 21 von Johannes Brahms, ist vielleicht symbolisch für den ganzen Abend. Kein robustes Aufstampfen auf den betonten Taktzeiten, wie man das häufig hört; vielmehr geschieht das alles eher beiläufig. Dafür liegt über dem gesamten Stück ein einziger Schwung von Anmut. Die Bamberger Symphoniker, die an diesem Abend im Festspielhaus Baden-Baden keinesfalls nur die Begleiterrolle übernehmen, begeistern mit ihrer Feinnervigkeit, ihrer Geschmeidigkeit und Klangpracht. Dazu kommt die Sopranistin Olga Peretyatko-Mariotti, die sich ganz dem Repertoire ihrer russischen Heimat widmet - was hierzulande selten zu hören ist.

Tiefer Zorn und große Seufzer

| Christine Gehringer | Kritik

Abschluss der "Ettlinger Schubertiade" mit Kammermusik

 

180422 Schubertiade

Mit Musik für Klaviertrio ging die Jubiläums-Saison der „Ettlinger Schubertiade“ zu Ende – ungewohnt in einer Konzertreihe, die sich normalerweise dem Kunstlied verschreibt. Aber wer sich eine ganze Saison lang fast ausschließlich mit Franz Schubert beschäftigt, der kommt eigentlich gar nicht umhin, auch seine Kammermusik ins Programm zu nehmen – gehört sie doch ebenfalls zu den Meisterwerken der Musikgeschichte. Und abgesehen davon versteckt sich in Schuberts Es-Dur-Trio (D (929) ein schwedisches Volkslied.
Zu Gast im Ettlinger Schloss waren diesmal Adelina Oprean (Violine) und Conradin Brotbek (Violoncello) – beide sind Mitglieder des ARIA Quartetts aus der Schweiz. Und zum Auftakt gab es viel Aufwühlendes und Erschütterndes.

Der Pianist als Klangregisseur

| Christine Gehringer | Kritik

Zum Klavierabend mit Boris Giltburg kürzlich im Konzerthaus Karlsruhe

 

180414 Giltburg

Die „Etudes d' exécution transcendante“ von Franz Liszt werden oft als Klangstudien, als sinfonische Dichtungen bezeichnet, auf alle Fälle sind sie mehr als technische Übungsstücke. Dasselbe gilt für für die „Etudes tableaux“ von Sergej Rachmaninow.
Der israelische Pianist Boris Giltburg, der vor kurzem bei den Karlsruher Meisterkonzerten im Konzerthaus gastierte, sieht hier sogar „ganze Welten“, die sich hinter dem „dünnen Schleier“ der Noten verbergen. Eines muss der Pianist hier jedenfalls sein: ein Klangregisseur.

Das Streichquartett bietet Raum für viel "Unerhörtes"

| Christine Gehringer | Kritik

Zum Konzert des Almaviva Quartetts vor kurzem bei den Ettlinger Schlosskonzerten

 

Almaviva Quartett

Wenn bei einem Konzert ein Meister-Komponist nebst „Zeitgenossen“ zu hören ist, dann sind die Zeitgenossen oft zu Recht in Vergessenheit geraten und werden eher als Ergänzung, als spannendes „Zeitdokument“ ins Programm genommen. Ein bisschen war es auch so beim Konzert des Almaviva-Quartetts, das kürzlich bei den Ettlinger Schlosskonzerten zu erleben war.
Joseph Martin Kraus und Franz Krommer (den hat man meist schon mal „irgendwo“ gehört) waren in diesem Fall die Zeitgenossen von Wolfgang Amadeus Mozart. Wer das alles selbst noch einmal (nach)hören möchte, der hat dazu am 26. Mai ab 20.03 Uhr im SWR2 Abendkonzert die Gelegenheit.

Kraftvoll, körperlich - und zeitlos schön

| Christine Gehringer | Kritik

Zur Neuauflage des Balletts "Carmina Burana" am Staatstheater Karlsruhe

 

180413 Carmina Burana

Als der ehemalige Karlsruher Ballettdirektor Germinal Casado vor zwei Jahren starb, überließ sein Lebensgefährte Giulio Ragnoli der Spartenchefin Birgit Keil großzügig die „Carmina Burana“ - eine Choreografie, die bei ihrer Uraufführung vor 35 Jahren für einige Furore sorgte. Casado, einst Tänzer in der Kompagnie des legendären Maurice Béjart, machte sich nicht nur als Choreograf, sondern auch als Ausstatter einen Namen. In den 20 Jahren, in denen er am Staatstheater wirkte, schuf er über 60 Ballette; mit seiner Kompagnie „Danza Viva“ war er in aller Welt unterwegs. Jetzt ehrt das Haus den großen Künstler mit einem opulenten, spartenübergreifenden Projekt: In der Neuauflage der „Carmina Burana“ - mit Orchester, Chor und Solisten – verschmelzen sämtliche Kunstformen. Nach den zuletzt eher enttäuschenden Opern ist diese Produktion nun ein echtes Fest für die Sinne.